Poseidon Expeditions Magazin
Anja Erdmann-Rutten //

Poseidon Expeditions Buchclub: Spitzbergen - Arktische Abenteuer unter Nordlicht und Mitternachtssonne

Ein Interview mit Spitzbergen Expeditionsleiter Christian Bruttel

Die vergangenen anderthalb Jahre waren für Menschen weltweit eine harte Geduldsprobe. Das galt und gilt natürlich auch für diejenigen, die ihre Erfüllung darin finden, begeisterten Polarreisenden die arktische Natur in all ihrer Schönheit zu zeigen. Unser Freund und Expeditionsleiter Christian Bruttel war jedoch in dieser Zeit nicht untätig und hat, gemeinsam mit den beiden Filmemachern Silke Schranz und Christian Wüstenberg, ein beeindrucktes Buch über die auch als "Arktis in einer Nussschale" bezeichnete Inselgruppe Spitzbergen geschrieben. Ich habe mir die Gelegenheit nicht nehmen lassen und ein Interview mit Christian über das Buch und sein Leben auf Spitzbergen geführt.

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Herzlichen Glückwunsch zum Buch "Spitzbergen - Arktische Abenteuer unter Nordlicht und Mitternachtssonne"! Es ist eine wunderbare Kombination von fantastischen Aufnahmen und kurzen, aufschlussreichen Texten.

Danke! Es freut mich ungemein, wie gut unser Buch ankommt. Die Idee, nicht nur wunderschöne Bilder, sondern eben auch viele interessante Zusammenhänge im Bezug auf
Spitzbergen, viel Wissenswertes und jede Menge persönliche Geschichten in unserem Buch zu vereinen, scheint gut bei den Lesern anzukommen.


Wie entstand die Idee zu Spitzbergen - Arktische Abenteuer unter Nordlicht und Mitternachtssonne?

Der Gedanke, aus den unzähligen Bildern, die in meinen vielen Jahren auf Spitzbergen entstanden sind, etwas zu machen, also etwas mehr als Facebook oder Instagram Posts, begleitet mich schon ziemlich lange... Aber es war mir immer klar, dass es schon genug hochwertige Bildbände über Spitzbergen gibt und außerdem hatte ich auch immer so viele andere tolle Projekte... Und dann kam Corona. Während unserer fast zweijährigen Zwangspause hat sich zumindest der zweite Punkt erübrigt, aber alleine wäre ich niemals so schnell so weit gekommen. Das Buch entstand in einer fantastischen Zusammenarbeit mit Silke und Christian von Comfilm.de. Die beiden kenne ich seit sie 2018 ihren erfolgreichen Film über "Spitzbergen - Auf Expedition in der Arktis" bei mir zu Hause gedreht haben. Wir alle wurden durch Corona erst mal zum Stillstand und dann zum Neu-Denken bewegt... und so entstand die Idee, gemeinsam ein Buch zu schreiben. Kein reiner Bildband aber auch kein Reiseführer (wie gesagt gibt es das beides schon in bester Qualität und breiter Auswahl) sondern etwas dazwischen. Wir wollten ein umfassendes Werk über Spitzbergen mit Wissenswertem, Interessantem und vielen persönlichen Geschichten schreiben. Und so sind 192 Seiten entstanden, komplettiert mit tollen Bildern zum Eintauchen in die wunderbare Welt Spitzbergens.

In der Einleitung schreibst Du, dass Du im August 2012 zum "Arctic Nature Guide" Studium nach Longyearbyen gekommen bist. Was genau beinhaltet dieses "Arctic Nature Guide" Studium, wie lange dauert es und warum hat es Dich so fasziniert?

Das Arctic Nature Guide Studium war für mich ein lebensveränderndes Jahr. Die Ausbildung umfasst Theorie und Praxis zu allen arktischen Themen von Eisbärsicherheit über Lawinenrettung und Gletscherbergung bis hin zu theoretischen Inhalten über Polar-Geschichte, Biologie und Geologie. Nach dieser Ausbildung waren Tür und Tor für Arbeiten in der Arktis und dann auch Antarktis geöffnet und was mich am meisten fasziniert hat ist wohl, dass ich die meisten dieser Türen gar nicht sah oder kannte vor diesem Jahr an der nördlichsten Uni der Welt.


Wie lebt es sich in Longyearbyen?

Ganz normal würde ich sagen... wie in einem großen Dorf oder einer sehr kleinen Stadt. Ich vermisse in meinem Alltag in Longyearbyen nichts denn es gibt trotz der Abgelegenheit irgendwie alles. Sport- und Kulturangebote, Restaurants, Bars und schier unglaubliche Einkaufsmöglichkeiten, eine extrem schnelle Internetverbindung und gemütliche Wohnungen. Aber was das spannendste ist, ist wohl, dass man den "Zivilisations-Komfort" sehr einfach hinter sich lassen kann und sehr schnell in echter, wilder arktischer Natur unterwegs ist.

Ist es mit den knapp 2.500 Einwohnern gerade im Winter nicht manchmal etwas "klein"?

Ich habe mich auch schon in Deutschland immer lieber mit weniger Freunden regelmäßig getroffen und habe das Glück, auch in Longyearbyen ein paar Freunde zu haben, die auch schon viele Jahre dort leben. Außerdem lernt man immer wieder faszinierende Menschen kennen, die es neu in den hohen Norden zieht. Einsam habe ich mich da noch nie gefühlt. Enger oder "kleiner" fühlt es sich tatsächlich im Sommer an... zumindest in den letzten zwei Jahren wo die Expeditionen um Spitzbergen und in die anderen Teile der Arktis ausfallen mussten, war ich im Sommer ungewohnt "eingesperrt" im Ort. Wobei ich mein Glück durchaus zu schätzen weiß, die Corona-Zeit auf Spitzbergen verbracht haben zu dürfen (kann man das schon so sagen??? Ich hoffe es!) Wir konnten uns immer frei bewegen, Wanderungen machen und abgesehen von zeitweise geschlossenen Sportlagen und Maskenpflicht im Supermarkt mussten wir uns kaum mit Einschränkungen auseinandersetzen.


Kannst Du die Nordlichter beschreiben? Wann tauchen sie ungefähr das erst mal auf?

Von November bis Januar herrscht hier Dunkelzeit. Nur der Mond und die Sterne beleuchten die tief verschneite Welt. Da haben wir die Chance, dank der immerwährenden Dunkelheit, auch "tagsüber" Nordlichter zu bewundern. Los geht es mit dem Lichterspektakel am Himmel aber schon früher. Sobald die Nächte im September dunkel genug werden und bis in den März hinein, lassen sich mit Glück Nordlichter beobachten. Es fällt mir schwer die Polarlichter zu beschreiben... Julius Payer (Österreichischer Polar-Forscher und Mitentdecker von Franz-Josef-Land) schrieb einmal über die Nordlichter: „Kein Bleistift kann es zeichnen, keine Farbe kann es malen, und keine Worte können es in all seiner Herrlichkeit beschreiben.“

Was ich aber sagen kann ist, dass das Phänomen für mich auch nach vielen Jahren in der Arktis nichts von seiner Faszination verloren hat und mich Nordlichter nach wie vor, wann immer sie auftauchen, hinaus in die Dunkelheit und in die Kälte ziehen.

Wie ist es, wenn langsam die Sonne wieder über dem Horizont erscheint?

Wenn ich darf, dann zitiere ich mich einfach mal selbst aus unserem Buch: "Ich kann das Gefühl schwer beschreiben, was mit mir passiert, wenn ich nach so langer Zeit die Sonne zum ersten Mal wiedersehe. Das ist hoch-emotional und wirklich etwas ganz Besonderes. Ich merke dann, wie essentiell wichtig die Sonne für uns Menschen ist. Wenn mir die Strahlen das erste Mal ins Gesicht scheinen, dann bleibt mir fast die Luft weg vor Freude. Das merkwürdige Gemisch aus Emotionen, Überwältigung und Glücksgefühl kann man glaube ich nur verstehen, wenn man einmal so eine lange Zeit ohne Sonne erlebt hat."


Hast Du Tipps, wie man bei Mitternachtssonne gut schlafen kann?

Ins Bett fallen und Augen zu :-) Die geschäftigen Tage an der frischen arktischen Luft machen müde und ich schlafe auch im Licht der Mitternachtssonne problemlos. Außerdem gibt es ja Vorhänge und man kann das Schlafzimmer oder die Schiffskabine abdunkeln. Es kann allerdings schon passieren, dass man Abends noch bei einem Getränk zusammen sitzt und im Sonnenschein die Zeit vergisst... dann wird es manchmal spät oder besser früh morgens, bis man ins Bett kommt.

Du hast Dir mit Deinem Geschäftspartner nicht nur die Firma Spitzbergen Reisen aufgebaut, sondern fährst im Sommer auch oft auf Expeditionsschiffen. Besonders freut es uns, wenn Du an Bord der Sea Spirit als Expeditionsleiter auf Spitzbergen Expeditionskreuzfahrt gehst. Was gefällt Dir an der Arbeit auf kleinen Expeditionsschiffen?

Die Flexibilität und das Persönliche. Bei kleinen Expeditionsschiffen wie der Sea Spirit lernt man die Gäste noch richtig kennen und auch umgekehrt haben die Gäste auf einer solchen Reise die Gelegenheit uns Guides richtig kennen zu lernen und auch mal ein längeres persönliches Gespräch mit uns Guides zu führen. Außerdem erlauben die kleinen Schiffe mit wenig Tiefgang und ohne nennenswerte Wartezeiten bei der Ausbootung, eine effiziente Nutzung der Zeit an Land und darum geht es ja im Endeffekt. Ich möchte den Gästen meine Wahlheimat Spitzbergen zeigen. Mit allem was dazu gehört und so intensiv und persönlich wie möglich.


Es ist sicher schwer, etwas herauszupicken- aber gibt es für Dich ein Lieblingsgebiet, einen Lieblingsort in Spitzbergen?

Nein, es gibt in der Tat so viele wunderbare Orte auf Spitzbergen, dass ich kein Gebiet oder Ort herauspicken kann...

Es kommt so sehr auf das Wetter und die Jahreszeit an und auf Tierbegegnungen, die einen Ort zum Highlight einer Reise machen können und so habe ich schier unzählig viele "Lieblingsorte" auf Spitzbergen. Die großen Gletscher im Osten und Norden, die riesigen Vogelklippen in der Hinlopenstraße, die verschiedenen Walrosskolonien an den Stränden und die grasenden Rentiere, die sich vom teils spärlichen Bewuchs ein Fettpolster für den kommenden Winter anfressen müssen.

Was ist so besonders am Spitzbergen Ren?

Rentiere leben seit rund 10.000 Jahren auf Spitzbergen ohne Kontakt zu Populationen in Skandinavien oder Grönland. Nach dem Ende der Eiszeit und der damit verbundenen geographischen Isolation hat sich das Spitzbergen Ren zu einer eigenen Unterart entwickelt. Biologisch gesehen spricht man von einer Inselverzwergung. Die Tiere sind mit der Zeit kleiner, kompakter und runder geworden, weil die Kugelform das perfekte Verhältnis von Oberfläche zu Volumen hat. Je runder die Tiere sind, desto besser sind ihre inneren Organe vor Kälte geschützt. Abgesehen von der Form hat das Spitzbergen Ren noch ganz viele Besonderheiten und faszinierende Eigenschaften. Am meisten begeistert mich aber immer wieder die Zutraulichkeit und Neugier dieser wilden Tiere, die sich manchmal bis auf wenige Meter an uns Menschen heran trauen.


In Spitzbergen leben ja angeblich mehr Eisbären als Einwohner. Wie sind die Zahlen im Vergleich?

Ja, das ist richtig. Wobei man im Alltag doch hauptsächlich den zweibeinigen Einwohnern Spitzbergens begegnet. Es kommen zwar schon hin und wieder mal Eisbären in die Nähe oder ganz selten auch in die Siedlung aber hauptsächlich halten sich die Bären den Siedlungen fern und konzentrieren sich auf die menschenleeren Regionen mit mehr Eis und mehr Robben im Norden und Osten Spitzbergens.

Im Laufe der Jahre hattest Du schon viele Eisbären Begegnungen.  Sticht eine hervor?

Seit ich 2012 nach Spitzbergen gezogen bis, durfte ich etwa tausend Eisbären begegnen... dennoch war dieses Erlebnis die beeindruckendste persönliche Begegnung, die ich je mit dem wahren König der Arktis machen durfte.

Wir waren im Frühjahr 2021 auf einer Skitour durch Spitzbergen. Es war ein wunderschöner, sonniger Tag, an dem wir mit unseren Ski und Pulks weit auf einen Gletscher hinauf gezogen sind. Oben sahen wir beim Pass einige offene Gletscherspalten, als plötzlich schlechtes Wetter aufzog. Innerhalb weniger Minuten hatten wir keine Sicht mehr und die Überquerung des Passes war bei diesen Bedingungen keine Option. Heftiger Schneefall und starker Wind fesselten uns für die nächsten 30 Stunden in unser Zelt. Das „trip-wire“ (ein Stolperdraht, der einen Alarm auslöst, sobald ein Tier hineinläuft) hatten wir aufgebaut, und da dies bereits der dritte schwere Sturm in den letzten zwei Wochen war, machten wir uns keine Sorgen. Ein weiterer Camp-Tag in der Arktis... Schlafen, Süßigkeiten snacken, Schreiben, Lesen, Schach spielen und gelegentliche Toilettengänge, die jedes Mal mit viel An- und wieder Auskleiden verbunden waren. So vergingen die Stunden wie im Flug… Die Zeit vergeht gefühlt anders an in der Wildnis der Arktis.

Es war 3.30 Uhr morgens, als uns Schritte im Schnee neben dem Zelt aufweckten. Ich erkannte sofort das Geräusch von Pfoten im Schnee, das Atmen und Schnauben eines Eisbären direkt auf der anderen Seite der Zeltwand. Ich hatte das schon einmal gehört… auf einem kleinen Schiff weit oben im Packeis, als ein neugieriger Bär ganz nah an unsere Bordwand kam… Hier war die Situation aber eine andere. Wir hatten eine Trillerpfeife im Zelt hängen, die ich mit aller Kraft blies. Der hohe Ton ließ den Bären zurückspringen, was endlich auch den Stolperdraht und damit ein kleines Feuerwerk um uns herum auslöste. Zusätzlich feuerten wir eine Knallpatrone aus dem Zelt ab, aber als mein Kollege hinaus schaute, war der Bär immer noch da, nur einige Meter entfernt. Er feuerte eine zweite Knallpatrone direkt auf den Bären, was diesen aber auch nicht sonderlich zu beeindrucken schien. Inzwischen hatte ich Schuhe angezogen, wir hatten das Gewehr aus der Schutzhülle genommen und die Signalpistole neu geladen. Ich öffnete das Zelt komplett und trat nach draußen. Und da sah ich ihn zum ersten Mal in all seiner Pracht und erschreckenden Nähe. Ein junger Bär, schön in Form und Farbe, der mich über das Zelt hinweg ansah. Vielleicht zwei Meter entfernt und wahrscheinlich sehr verwirrt, was er von dieser großen, blauen, flauschigen Daunenjacke halten sollte, die aus dem noch größeren, roten Zelt inmitten seines riesigen, weißen Reiches auftauchte. Es roch sicher interessant, ungewohnt und doch auch möglicherweise gefährlich…

Als ich ganz aus dem Zelt heraus war, war ich größer als das Zelt und größer als der Bär. Ich feuerte direkt meine Signalpistole auf ihn ab, was ihn, zusätzlich zu meiner körperlichen Präsenz, zumindest ein wenig zu beeindrucken schien. Er sprang einige Schritte zurück, schaute mich aber weiter an. Jetzt hatte ich eine leere Signalpistole und ein unterladenes Gewehr in den Händen und starrte den Bären an, der nun vielleicht zehn Meter von mir entfernt zurück starrte. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt drei Knallpatronen abgefeuert und weitere Munition lag hinter mir in einer Pulk. Ich hätte lieber mehr Signalpatronen zur Abschreckung gehabt, aber die Schritte zurück hätte den Bären veranlassen können, sich uns wieder zu nähern. In gewisser Weise verhielt er sich wie ein Hundewelpe. Verspielt, neugierig, hellwach... Seine Grenzen austestend, vorsichtig, überhaupt nicht ängstlich, aber auch nicht aggressiv oder im Jagdfieber.


Es waren nur etwa 20 Sekunden, die ich Auge in Auge allein mit dem Bären in dieser Situation verbrachte. Ich machte einen Schritt auf den Bären zu und er machte einen Schritt zurück. Ich konnte die Signalpistole nicht mehr nutzen, ohne ihm Raum zu geben, was ihn möglicherweise dazu ermutigt hätte, wieder auf uns zuzukommen… also lud ich das Gewehr durch und feuerte einen Schuss in den Boden vor ihm, während ich mich auf ihn zu bewegte. Anscheinend habe ich ihn auch immer wieder angeschrien „Hau ab, ich will dich nicht erschießen!!!“... daran kann ich mich nicht mehr erinnern, aber meine Freunde haben es mir später erzählt und meine heisere Stimme sprach dafür…

Jeder im Team war superschnell und innerhalb einer Minute waren wir zu dritt draußen und verscheuchten den Bären weiter und weiter weg. Wir holten zusätzliche Munition und das Abfeuern einer roten Leuchtpatrone, die direkt vor dem Bären hell zu brennen begann, löste bei ihm zum ersten Mal eine Reaktion aus, die man als "Verunsicherung" beschreiben könnte. Es war das erste Mal, dass er uns auf seinem Rückzug den Rücken zukehrte und wir feuerten ihm weitere Knallpatronen hinterher. Es funktionierte! Der Bär ging. Aber er rannte er nie vor uns weg, verhielt sich nie wirklich ängstlich und ich hatte das Gefühl, dass dies keine Flucht, sondern eher ein vorübergehender Rückzug war.

Wir nutzten die momentane Ruhe, um uns richtig anzuziehen (es war immer noch um die -10°C (was ich vorher in meinen langen Unterhosen nicht wirklich bemerkt hatte)) und kontaktierten den Gouverneur von Longyearbyen (Sysselmester) per Satellitentelefon. Das war auch für die diensthabende Person am Notruftelefon eine interessante Situation. In der gegebenen Sachlage, rein auf unsere Vermutung hin, dass der Bär zurückkommen würde, wollten sie den Hubschrauber nicht losschicken. Wir befanden uns nicht in einer echten Notsituation, obwohl unsere Situation schnell zu einer werden konnte, sollte der Bär zurückkommen. Wir hatten nur noch zwei Signalpatronen und es hätte schwer werden können, den Bären erneut zu verscheuchen. Wir diskutierten unsere Optionen, denn wir wussten, dass wir ohne Signalpatronen nicht weiter ziehen konnten und die Lawinengefahr in Longyearbyen nach dem frischen Schnee verhinderte, dass schnelle Hilfe und neue Vorräte an Munition auf Scootern zu uns herausgebracht hätte werden können…

Und inmitten dieser Überlegungen kam der Bär zurück. Wir waren alle draußen, ausgerüstet mit Schaufeln, Skier, Töpfen und Pfannen und Trillerpfeifen. Dieser Lärm zusätzlich zu unserer letzten Knallpatrone war ein ziemliches Orchester... und überzeugte den Bären, seine Annäherung zu stoppen. Er zog sich etwas zurück und legte sich etwa 300 Meter von uns entfernt nieder und beschäftigte sich mit der Fellpflege. Unsere Anwesenheit scheinbar völlig ignorierend. Ein so neugieriger und furchtloser Bär, der jederzeit bereit ist, sich uns wieder zu nähern, und wir ohne Signalpatronen, war eine ungute Ausgangslage... Ich rief erneut bei Sysselmester an und informierte über den aktuellen Stand der Dinge. Nach einiger Diskussion kamen wir überein, dass es klüger wäre, den Hubschrauber jetzt für eine Evakuierung zu schicken, als später für eine Untersuchung, nachdem wir den Bären möglicherweise hatten erschießen müssen…

Mit dem Bären immer noch in Sichtweite packten wir unser Zelt zusammen, beluden die Pulks und machten uns bereit, vom Helikopter abgeholt zu werden... alle, einschließlich des Bären, gesund und munter. Müde und erschöpft, aber guter Dinge kamen wir auf diesem Weg früher zurück nach Longyearbyen als erwartet. Wenige Tage später machten wir uns erneut auf den Weg. Beim zweiten Teil unserer Expedition begegnete uns in 6 Wochen draußen übrigens kein einziger Eisbär.


Das Buch endet nachdenklich und es  geht um Plastikmüll und den Klimawandel. An Bord nehmen wir mit unseren Gästen am "Clean up Svalbard" Projekt teil. Kannst Du kurz erläutern, worum es dabei geht?

Es geht darum, als Besucher von Spitzbergen auch einen kleinen Beitrag zum Erhalt und zum Schutz dieses sensiblen Ökosystems beitragen zu können. Wir kommen oft an Strände, die nur selten von anderen Expeditionsschiffen besucht werden und der dort angespülte Plastikmüll sticht sofort ins Auge. Plastikabfälle sind für Meeresbewohner eine tödliche Falle: Bierdosenringe strangulieren Seevögel, in alten Fischernetzen verenden Wale und Vögel fressen kleine Plastikteile, die sie mit Nahrung verwechseln. Mittlerweile haben über 90 Prozent aller verendeten Vögel Plastik im Magen. Und deshalb stellen wir Müllsäcke zur Verfügung und packen zusammen mit unseren Gästen an und dann ist so ein Strand im Handumdrehen vom schlimmsten Müll befreit.

Durch die sammelnden Reisegruppen kommen außerdem Forschungsdaten zusammen, denn die Säcke mit Plastik werden bei Ankunft im Hafen zur Auswertung übergeben. Das Alfred-Wegener-Institut konnten viele Plastikteile über Aufschriften oder Prägungen den Verursacherländern zuordnen und stellten fest, dass 7% des Mülls aus Deutschland kommen.


Wir haben Dein Buch schon zum Verschenken an Weihnachten gekauft. Deshalb zum Schluss- wo kann mein Dein Buch "Spitzbergen - Arktische Abenteuer unter Nordlicht und Mitternachtssonne" bestellen?

Das Buch ist überall im Handel erhältlich oder kann direkt bei mir über unsere Homepage www.spitzbergen-reisen.no bestellt werden. Das wäre natürlich am schönsten :-)
Die Distribution der Bücher findet über Deutschland statt. Es macht wenig Sinn die Bücher erst nach Spitzbergen zu schiffen, um sie dann wieder mehrheitlich in Deutschland zu verschicken. Man kann also bequem mit Kreditkarte bezahlen und bekommt sein Buch wenige Tage später per Post zugeschickt.

Lieben Dank für das Interview!

Ich danke Euch!


Poseidon Expeditions Spitzbergen Expeditionskreuzfahrten mit Christian Bruttel

Christian Bruttel begleitet auch Spitzbergen Expeditionskreuzfahrten von Poseidon Expeditions. Die nächsten Reisen, die von Christian Bruttel als Expeditionsleiter geführt werden sind die Spitzbergen Expeditionskreuzfahrten "Das Beste von Spitzbergen - Abenteuer Arktis" am 14. Juni 2022, am 21. Juni 2022 und am 30 Juni 2022.