Wenn auch Sie sich in diesen Fragen wiederfinden, dann möchte ich Ihnen in dem nachfolgenden Artikel wichtige prägnante Antworten geben:
Welche Kamera ist eigentlich die Richtige für so eine Expedition?
Welche Objektive sollte ich mitnehmen?
Welches zusätzliche Equipment brauche ich noch?
Muss ich technische Dinge bei den Einstellungen beachten, die besonders auf die Polarregionen zugeschnitten sind?
Wie wähle ich den richtigen Bildaufbau und welche Motive schaffe ich es denn überhaupt einzufangen?
Gibt es spezielle Dinge für ganz besondere Momente, über die ich mir Gedanken machen sollte?

42mm, f/4, 1/320sec, ISO100[spoiler]
1) Ausrüstung & Vorbereitung:
Die einzigartige Vielfältigkeit der unverwechselbaren Natur wird im Rahmen einer Expedition mit Poseidon´s „Sea Spirit“ zu einem echten Erlebnis. Die kleine Größe der „Sea Spirit“ mit begrenzter Anzahl an Gästen ermöglicht eine Vielzahl an unterschiedlichsten, unvergesslichen Aktivitäten
wie Anlandungen auf Grönland oder Spitzbergen, Zodiac-Cruises um beeindruckende Gletscherwelten, Wildlife-Beobachtungen oder einfach nur der unendlichen Weite, die von verschiedenen Decks beobachtet werden kann. Dabei besteht ausreichend Zeit für Fotos, da keiner an Board warten muss, sondern alle Passagiere gleichzeitig an den geplanten Aktivitäten teilnehmen können.
Allein deswegen schon kann sich zurecht gefragt werden, was sollte denn eigentlich in meiner Foto-Ausrüstung nicht fehlen? Die Beantwortung der Frage ist selbstverständlich sehr subjektiv und am Ende muss jeder individuell seine eigene Entscheidung treffen. Vor allem die Frage über die „richtige“ Kamera ist sehr subjektiv und ich vertrete die Meinung, dass mit jeder Kamera schöne Aufnahmen erstellt werden kann und es nicht immer der High-End Kamera bedarf. Daher möchte ich mich hier auf die Wahl der Objektive fokussieren.
Für mich ist es wichtig bei Kälte, harschen Bedingungen wie Wind und Wetter, Feuchtigkeit und bewegendem Untergrund eines Schiffs / Boots möglichst selten das Objektiv meiner Kamera tauschen zu müssen. Daher wähle ich für einen Großteil (ca. 70%) meiner Aufnahmen einen Standard-Zoom mit einer möglichst offenen Blende. Ich empfehle hier entweder ein 24-70mm f/2.8 oder aber einen so genannten Power Zoom 24-105mm f/4. Im unteren Ende liefert die Möglichkeit der 24mm weitwinklige Aufnahmen, während durch den Zoom schöne unterschiedliche Kompressionen in Bilder gebracht werden können, beispielsweise, wenn ein Geländer als Rahmen genutzt wird, jedoch die Landschaft an den Vordergrund herangezogen werden soll. Eine offene Blende liefert hier das perfekte Verhältnis zwischen Schärfe und gezielter Unschärfe sowie dem Einsatz bei dunkleren Lichtverhältnissen.

70mm, f/2.8, 1/500sec, ISO200
Da mir persönlich oft ein Standard-Zoom nicht ausreicht, um vor allem Details und ferne Objekte zu fotografieren - und glauben Sie mir, in der Arktis findet sich eine Menge an einzigartigen Details wieder, egal ob Eisberge, Gletscherspalten oder Wildlife – bediene ich mich einem starken Tele-Zoom Objektiv. Meine Empfehlung: Verlassen Sie sich nicht nur auf eine maximale Brennweite von „nur“ 200mm. Die Weite und Größe der beeindruckenden Natur um Sie herum wird nicht nur Sie zum Staunen bringen, sondern auch Ihre Linsen. Oft werden Distanzen zu Ihrem Zielobjekt unterschätzt. Die Annäherung an z.B. Tiere, Gletscher und Eisberge unterliegen strengen Regularien, sodass immer gewisse Sicherheitsabstände eingehalten werden müssen. Je mehr Zoom Sie dabeihaben, desto mehr können Sie diese Brücke selbst schlagen. Daher empfehle ich eine Brennweite von 100-400mm oder 150-600mm. Beachten Sie dabei, dass je höher Sie in den Zoom hineingehen, desto schwieriger wird es, die Bewegung der Kamera und der Linse auszugleichen, auch wenn moderne Kameras einer Stabilisierung mächtig sind.

600mm, f/6.3, 1/1600sec, ISO1000
Biete eine Linse eine offene Blende, liefert dies zudem den Vorteil, dass größtenteils auf ein Stativ verzichtet werden kann, was ich grundsätzlich bei einer Expedition in die Arktisregionen nicht empfehle. Der Grund: Ihr bewegt Euch hauptsächlich auf wackeligen, sich bewegenden Untergrund wie den Decks der Sea Spirit oder eines Zodiac, wodurch die Nutzung eines Stativs obsolet wird. Auch bei Anlandungen gilt: Weniger ist mehr: Möchten Sie sich freier bewegen und die wunderbare Natur der Arktis maximal viel erforschen, so kann ein Stativ durchaus hinderlich wirken.
Weiteres Equipment hängt sehr davon ab, welche Vorhaben Sie mit Ihrer Kamera verfolgen. Möchten Sie Videos erstellen, empfiehlt sich ein variabler ND-Filter, um Blendenstufen zu regulieren und mit Ihrer Kamera einfach zwischen Foto- und Videomodus zu schalten, ohne dauerhaft Filter tauschen zu müssen. Die gängigen Filter bieten dabei eine komfortable Verstellbarkeit von 1-5 Blendenstufen. Bei Blendenstufe 1 lassen sich noch wunderbar Fotos erstellen, ohne dass sie die Einstellungen in unkomfortable Sphären drehen müssen. Mit Blendenstufe 5 lassen sich bei LOG-Profilen gut die automatisch erhöhte Standard-ISO (Native ISO) regulieren, um gut belichtete Ergebnisse zu erzielen. Zudem kann bei starken Reflektionen der Sonne auf Oberflächen wie Wasser & Eis ein Pol-Filter bei Bedarf nützlich sein.
Bringen Sie zudem mehrere Akkus mit. Auch wenn die Sea Spirit Sie mit genug Elektrizität zum Aufladen der Akkus liefert, sollten Sie die Kälte der Regionen und die Dauer z.B. einer Anlandung nicht unterschätzen. Ein Akku entlädt sich deutlich schneller bei Kälte und Sie wollen nicht die tollsten Momente mit leerem Akku verpassen. Schnelle und große Speicherkarten sind zudem sehr nützlich. Glauben Sie mir, Sie werden eine Menge Aufnahmen erstellen. Vor allem Serienaufnahmen bei sich schnell bewegendem Wildlife können Ihre Speicherkarte in einen so genannten Buffer-Modus bringen, der Sie für einen kurzen Moment unterbrechen kann. Dies gilt zu vermeiden. Seien Sie immer uneingeschränkt unterwegs und stellen Sie Ihrer Kreativität keine technischen Hürden in den Weg. Jeder Moment zählt.

600mm, f/6.3, 1/1000sec, ISO640
2) Technische Hinweise & Erfahrungswerte
Sie werden in der Arktis auf besondere Gegebenheiten treffen, die Sie in den meisten Fällen nicht in Ihrem normalen Umfeld vorfinden:
Angefangen bei viel Bewegung Ihrer Kamera, entweder ausgelöst durch wackeligen Untergrund auf dem Wasser oder aber kalten Händen an Land. Hier empfiehlt es sich immer ein achtsames Auge auf die Auslösezeit zu haben. Als Daumenregel gilt: Nutzen Sie mindestens immer die doppelte Auslösezeit zu Ihrer Brennweite. Wollen Sie Nummer sicher gehen, gehen Sie nie unter eine Auslösezeit von 1/120sec.
Spielen Sie zudem mit der Blende ihrer Kamera. Hier findet jeder irgendwann einen eigenen Stil, je nachdem ob man besonders Weiche oder klare Bilder zeichnen möchte. Wenn Sie jedoch gezielte Unschärfe mit spezifischem Fokus auf singulären Objekten setzen wollen, dann hilft Ihnen hier eine offene Blende weiter. Dabei gilt: Je offener die Blende, desto spezifischer der Fokus bzw. so größer die Unschärfe im nicht fokussierten Bereich. Blendenstufen <f/4 liefern schon bereits großartige Ergebnisse.
Weiter bei unglaublichen Massen von Eis und Schnee, stellt sich hier eine Herausforderung dar, wieso Schnee eigentlich oft auf Fotos grau wirkt. Dies liegt schlichtweg an der falschen Belichtung. Versuchen Sie hier wirksam eine EV-Korrektur (mind. +1) einzusetzen, wenn Sie nicht zu viel in der Nachbereitung am Schnee drehen wollen.
Apropos Nachbereitung: Es empfiehlt sich aufgrund von oft nicht idealen Lichtverhältnissen Ihre Fotos im RAW-Format zu erstellen. So ermöglichen Sie sich die maximale Möglichkeit der Nachbereitung von White-Balance, Farben, Kontrasten, hellen und dunklen Stellen im Foto. Selbst wenn Sie keine Kamera haben, auch die Linsen moderner Smartphones schaffen es heute, ein RAW-Format einzustellen.
Viele Fotografen nutzen normalerweise eine automatische White-Balance. Diese bestimmt das Kälte-Wärme-Verhältnis Ihrer Bilder. Achten Sie darauf, dass Kameras im automatischen Modus oft dazu tendieren, in kälteren Regionen zu untersteuern. Dies bedeutet, dass Ihre Bilder kälter und vor allem bläulicher wirken. Möchten Sie dem gegensteuern, so hilft eine Korrektur in einem leicht wärmeren Raum.

26mm, f/2.8, 1/4000sec, ISO400
3) Hinweise zur Bildkomposition
Achten Sie bei der Bildkomposition auf einfache Dinge, die schon einmal in der „Hektik“ der überwältigenden Eindrücke untergehen können.
Stellen Sie sich zunächst in Ihrer Kamera eine Wasserwaage ein. So vermeiden Sie einen schiefen Horizont in Ihren Fotos, wenn Sie sich auf bewegenden Untergründen befinden. Achten Sie dabei bei puren Landschaftsbildern auf eine gesunde Aufteilung Ihres Bildes. Fokussieren Sie sich auf eine klassische Dreiteilung des Bildes, wenn Sie nicht gerade besondere Aufmerksamkeit auf Vordergrund oder Hintergrund wie z. B. Himmel lenken wollen. Überlegen Sie sich stets genau, wieso Sie von klassischen Rezepten abweichen.

70mm, f/2.8, 1/200sec, ISO100
Eins meiner absoluten Highlights in meinen Fotos ist es, die Weite, Leere und Größe einzufangen. Oft schaffen es Bilder nicht, diese zwei Attribute zu Betrachtern zu transportieren, da die schiere Vorstellungskraft hierzu fehlt. Das bewusste Einsetzen des eines Scaling-Elements in Kombination mit der Kompressions-Technik kann hier Abhilfe schaffen. Hierzu sind zwei Schritte notwendig: Distanz zu dem präferierten Objekt (z. B. Zodiac) und ein Zoom-Objektiv (wie oben beschrieben). Je weiter die Distanz zum präferierten Objekt und je mehr Zoom verwendet wird, desto eher zieht man den Hintergrund sprichwörtlich an sein Objekt heran, sodass eine optische Verschiebung passiert. Hierdurch ist es möglich, die Größe der Landschaft durch Bezugspunkte in eine erkennbare und realistische Relation zu setzen.

330mm, f/5.3, 1/800sec, ISO125
Einen letzten Tipp habe ich noch für Sie: Seien Sie nicht scheu und stellen Sie sich nachts den Wecker, wenn der Wetterbericht „sonniges“ Wetter vorhersagt. Da Sie sich in der Arktis bewegen, geht vor allem im Sommer die Sonne nicht mehr unter. Die Regionen sind so schön, dass selbst die Sonne beschließt, den rauen Küsten, kantigen Gletschern, zerklüfteten Bergen und schimmernden Wellen ihr schönstes Licht der goldenen Stunde nicht nur für eine Stunde, sondern für gleich mehrere Stunden schenkt. Stimmungsvolle, farblich, tolle Fotos entstehen durch primär durch die richtige Nutzung von Licht. Nicht nur, dass Wenige zu später Stunde noch wach sind oder sich wieder aus der warmen Kabine in die Kälte begegnen und Sie hauptsächlich allein über die Decks laufen, sondern auch die pure Magie der Mitternachtssonne ist jede Minute weniger Schlaf wert.

100mm, f/4.0, 1/400sec, ISO100

1200mm, f/13, 1/1000sec, ISO640 (erstellt mit 2x Teleconverter)